Andrew Solomon, Saturns Schatten. Die dunklen Welten der Depression, erschienen bei S. Fischer.
Das Buch enthält außer der sehr berührenden Darstellung von Solomons eigener Erkrankung und seiner verzweifelten Bemühungen, sich trotzdem ein hohes Maß an Produktivität abzuringen, eine Fülle von Fakten und Lebensgeschichten. Am interessantesten erschien mir die Darstellung der Studien von Jeanne Miranda über die Behandlung von Frauen in einem Armenbezirk. "Nur relativ wenige der Armen hungern, viele jedoch leiden an "erlernter Hilflosigkeit", einer Vorstufe der Depression. Dieses in der Tierwelt erforschte Phänomen tritt auf, sofern man Tiere, die in ihrer Lage weder kämpfen noch fliehen können, schmerzhaften Reizen aussetzt. Danach verfallen sie in einen Zustand totaler Gefügigkeit, eine Art Stupor, der sehr an eine Depression erinnert." Mit Psychotherapie und Medikamenten bringt Miranda ihre Patientinnen dazu, ihre Lebensumstände zu verbessern und die Erstarrung zu überwinden.
Solomon leitet daraus politische Forderungen zur Hilfe für depressive Arme ab, wobei er geschickt die Argumente der Neoliberalen verwendet, um Gelder für Vorsorgeprogramme lockerzumachen.
Das seltsamste Ergebnis seiner Forschungen aber ist wohl dies: "Bei einer Untersuchung zeigte sich, dass depressive Menschen bei einem Videospiel nach einer halben Stunde genau wussten, wie viele kleine Monster sie abgeschossen hatten, nicht depressive schätzten die Zahl sechsmal höher ein...uns selbst und die Welt aufs Genaueste zu verstehen, war nie ein vordringliches Ziel der Evolution, denn es dient nicht der Arterhaltung".